Potzblitz- der Treffer wird tief sitzen. Sechs Jahre nach ihrer Gründung entschied sich der Verfassungsschutz heute eine Überwachung der AfD zu prüfen. Sechs Jahre voller vergifteter Debatten, Übergriffen auf Andersdenkende oder Andersaussehende. Sechs Jahre Schulterschluss zwischen „Besorgten Bürgern“ und Neonazis. Sechs Jahre strammer Marsch nach rechts außen. Toll, dass auch den Homeboys im Verfassungsschutz langsam dämmert, was jeder Siebtklässler mit oberflächlichem Geschichtsinteresse spätestens ab Sommer 2015 hätte sehen können: Diese Partei ist gefährlich, pfuipfui, in Teilen neonazistisch, aber als Ganzes auf jeden Fall ein fetter stinkender Kuhfladen auf dem Acker der Demokratie.
Es hätte also genug Zeit gegeben den Aufstieg der mittlerweile in Teilen zwanzigprozentigen Hass-Sud köchelnden Partei empfindlich zu stören, vielleicht sogar mit ein paar originellen Erkenntnissen zu verlangsamen. Stattdessen befasste sich der VS lieber mit drolligen Mainstream-Polit-Punks oder skurrilen Kleinst-Sekten. Ist ja auch viel lustiger und obendrein nicht so widersprüchlich wie die Auseinandersetzung mit der AfD. Dass sich diese Partei Recht und Ordnung auf die Fahnen schreibt, ist zwar lächerlich angesichts des Chaos, das sie und ihre Anhänger permanent stiften; dies hielt die Anhänger der AfD nicht davon ab sich an demokratische Law-and-Order-Politiker und entsprechende Behörden ranzuwanzen. Und die wären ja bekloppt, wenn sie diese Schmeicheleien nicht zumindest wahrnehmen würden.
Wenn sich jetzt also der Verfassungsschutz in blitzgescheiter Auffassungsgabe mit der AfD beschäftigt, dann ist das als Zeichen an alle wehrhaften Demokraten zu verstehen: Ja, wir stehen zu euch und eurem politischen System. Was es natürlich nicht bedeutet: Dass die AfD ernsthaft geschwächt wird. Sie kann es sich schön in ihrer Opferrolle gemütlich machen und hat damit auf jeden Fall mehr Aussicht auf Erfolg, als die Leidensgenossen der Linkspartei, die ebenfalls jahrzehnte-lang zumindest in Teilen überwacht wurde. Ganz einfach deswegen, weil der durchschnittliche und vollkommen unbedeutende AfD-Horst jetzt von höchster Stelle „überwacht“, empört rumkrakeelen kann, dass seine Meinungsfreiheit in Gefahr sei und dass er es schon immer gewusst habe. Und es gäbe ja jetzt den Beweis, dass sein jämmerliches Dasein von Staatstrojanern, Agenten mit ausgeschnittenen Zeitungen und Geruchsproben ausgespäht wird. Wie damals in der Zone, DDR 2.0 quasi.
Ich habe natürlich keine Alternatividee. Natürlich wäre es schön, wenn diese Partei verschwinden würde. Mir dünkt nur, dass mit dieser Überwachung das Gegenteil wahrscheinlicher wird. Jeder x-beliebige AfD-Fuzzi hat seine zweifelhafte bis ekelhafte Gesinnung auf seinem eigenen Twitter-Account schon zu Genüge breit getreten. Wir alle wissen, wie scheußlich das alles ist, dafür braucht es keinen Verfassungsschutz. Auch wenn sie in der AfD jetzt alle aufheulen, werden sie sich im stillen Kämmerlein heimlich die Hände reiben. Sie haben allen Grund dazu.